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Oktober 1983 | Ein Besuch im Bw Würzburg | Hans Sölch |
Baureihen | ||
Im Oktober 1983 gingen die Lokomotiven der Baureihen 118 und 144 in ihre letzte Fahrplanperiode. Obwohl erst 12 Jahre alt, war ich damals schon begeisterter Anhänger der formschönen, blauen Reichsbahnrenner und sichtlich erschüttert, als mir mein Vater ein Jahr zuvor erklärte, dass die Loks nicht mehr lange auf den Schienen unterwegs sein sollen. Da die Loks schon lange nicht mehr auf unserer Hausstrecke München - Rosenheim verkehrten, war ich deswegen jedes Mal froh, wenn wir in München eins dieser Fossile antrafen. Die Begeisterung steigerte sich aber noch, als mein Vater beschloss, doch mal ins Bw Würzburg zu fahren, um dort die letzten 118er im Bw abzulichten. Am 29. Oktober 1983 war es dann soweit. Leider war das Wetter in Würzburg wolkenverhangend, was aber durchaus zur Abschiedsstimmung passte. Erst zwei Jahren zuvor hatte ich meine erste eigene Kamera erhalten, eine Agfa Optima, die ich zu diesem Ereignis natürlich mitnahm. Wenn ich mir die Bilder heute ansehe, erscheint die Qualität natürlich nicht so gut - doch für einen Zwölfjährigen, der seit kurzem mit einer Kompakt-Kamera fotografierte ist das Ergebnis dennoch brauchbar. Obwohl zu jener Zeit sicher viele Eisenbahnfreunde das Bw Würzburg besuchten, war das Personal der Lokleitung sehr freundlich und erlaubte und ohne Probleme die Loks zu fotografieren. Da uns ein Lokführer, der gerade Zeit hatte, durch das Bw-Gelände führte, konnten wir auch an alle Abstellorte der Loks. Gleich gegenüber der Lokleitung waren ein paar 118er abgestellt, wie das obere Bild zeigt. Hinter der 144 163 reihten sich die 118 016, eine der letzten 118er mit großen Lampen, die 118 041 sowie die 118 010, die als einzige ihrer Baureihe ein blaues Dach besessen hatte, was allerdings auf dem Bild durch die Spiegelung nur zu erahnen ist. Auf dem Nachbargleis der 118 010 stand die 118 012, die im Gegensatz zu den drei danebenstehenden Loks noch im Betriebsbestand war. Dank des uns führenden Lokführers durften wir sogar in die 118 012 auf den Führerstand. Die 118 012 sollte noch bis Juni 1984 im Einsatz stehen und zu den letzten Loks gehören, die die DB aus ihren Bestand ausmusterte. Im Lokschuppen, gleich im Anschluss an die 118 010, stand die 118 029, die gerade zwecks Ausbau einiger Ersatzteile in der Halle stand. Auf dem nachfolgenden Foto ist die Lok in der Halle hinter dem Glas (rechts) zu erahnen. Dagegen waren die hinter dem Schuppen abgestellten 118 013 und 118 022 schon ausgeschlachtet worden. Der 118 013 fehlten Teile der Oberleitung und die 118 022 hatte bereits einen ganzen Radsatz an eine Schwester abtreten müssen. Dennoch waren beide Loks bislang nur z-gestellt, kamen aber nicht mehr in Betrieb. Die 118 013 gehörte neben der 118 028 und der 118 049 zu den drei ozeanblau-beigen Loks dieser Baureihe. Die 144 hatte dagegen nur zwei Vertreter in dem neuen Farbschema. Eine davon, die 144 021, weilte am 29. Oktober, wie die ebenfalls abgestellten 144 179, 144 150 sowie 144 059 im Bw Würzburg. Die 144 150 war damals bereits als Museumslok vorgesehen und sollte aufgrund ihrer Nummer für das Jubiläum 150 Jahre deutsche Eisenbahn aufbewahrt werden. Heute befindet sich die Lok bei der DGEG in Neustadt-Weinstrasse. Auch die 144 059 ist noch heute vorhanden. Lange Zeit als Ersatzteilspender im Bw Lichtenfels vorgehalten, ist die Lok mittlerweile im Privatbesitz. Als letzter Höhepunkt stand der Besuch der Drehscheibe auf dem Programm. Die dort abgestellten Lokomotiven waren zum Großteil noch vol im Betriebsbestand. Die Fülle der verschiedenen Baureihen, die damals noch nebeneinander angetroffen werden konnten war enorm. Neben den in Würzburg beheimateten 118 und 144 konnten Nürnberger 194er, sowie die Neubaulokbaureihen 110, 140, 141, 150 sowie 111er und 151er regelmäßig im Bw angetroffen werden. Auf der dem Bw zugewandten Seite waren die 118 045 (bereits z-gestellt - nicht auf dem Bild zu sehen), die 144 075 und 144 085 sowie die 195 564 abgestellt. Danach folgten grüne 141 und 140er, die damals noch niemand beachtete, da sie noch allgegenwärtig waren. "Schlimmer" waren nur noch blau-gelbe Neubauloks, die die Drehscheibe in Würzburg dominierten. Glücklicherweise hatten sich auch noch zwei 118er auf der Drehscheibe versteckt - die 118 020 und die 118 002-5. Jeder Eisenbahnfan hat wohl eine Lok, die seine absolute Lieblingslok ist. Auch wenn ich die Baureihe 118 nur sehr kurze Zeit bewusst im Betrieb erlebt habe, so ist diese Baureihe noch heute für mich die schönste und eindrucksvollste Lok, die je auf den Schienen gefahren ist. Und natürlich habe ich auch eine Lok dieser Baureihe, die mir besonders am Herzen lag. Dies war die 118 002-5, die erste E-Lok, an die ich mich überhaupt bewusst erinnern kann. Zwar habe ich viele Loks in Erinnerung, aber die erste Lok von der Nummer hängen blieb, war die besagte 118 002-5. Der formschöne blaue Edelrenner, war auch für einen Sechsjährigen im Jahr 1977 schon ein Ereignis gewesen. Umso mehr freute es mich, die Lok 1983 im Bw Würzburg wiederzutreffen. Leider blieb diese Lok nicht der Nachwelt erhalten. Zwar war ursprünglich beabsichtigt worden, die 118 002 neben der 118 003, 008 und 047 als betriebsfähige Museumslok aufzuarbeiten, jedoch scheiterte dieser Plan und die Maschine wurde 1986 mit vielen Schwestern bei der Firma Dück in München-Langwied verschrottet. Die in Würzburg außerhalb der Drehscheibe abgestellten Loks fasst der folgende Übersichtsplan noch mal zusammen. Diese Tour ein Höhepunkt meines Hobbies. Zwar war ich später noch zweimal im Bw Würzburg, doch dieser erste Besuch wird mir wohl immer am stärksten in Erinnerung bleiben. Text und Bilder: Hans Sölch |