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Oktober 2005 Donnern im Frankenwald Benjamin Rührich
Reisen

08. Oktober 2005: Donnern im Frankenwald - Mein erster Besuch in Probstzella

Schon seit einiger Zeit fasste ich eine Reise nach Probstzella mit Bus und Bahn ins Auge, um dort den Nord-Südgüterverkehr zu beobachten und natürlich zu fotografieren. An einem sonnigen Samstag, dem 08. Oktober 2005, war es dann endlich soweit. Bereits zu früher Stunde startete meine "Reise" von meinem Heimatort Steinach (Thüringen) in das etwa 25 Kilometer entfernte Probstzella.

Dort angekommen war lediglich die Schiebelok, eine 151, auf einem der Gütergleise des Bahnhofes auszumachen.

Ich ging auf den einzigen Zwischenbahnsteig des Bahnhofes, um so dem Sechsachser (151 005) näher zu kommen.

Plötzlich zeigte das Ausfahrtsignal in Richtung Pressig-Rothenkirchen "Ausfahrt frei". Einige Reisende betraten kurz darauf den Hausbahnsteig, lösten dort ihre Fahrkarten am Automaten und liefen hastig durch die Gleisunterführung auf den Zwischenbahnsteig.
Einige Zeit später rollte die 143 879 mit ihrer Regionalbahn in den Bahnhof ein. Niemand stieg aus. Nachdem die neuen Reisenden aus Probstzella zugestiegen waren, pfiff auch schon die Zugbegleiterin, um dem Triebfahrzeugführer den Abfahrtsauftrag zu erteilen. Die Türen schlossen sich, der Zug enteilte in den sonnigen Frankenwald.

Nun war es wieder still auf dem verlassenen Bahnhof. Nur noch wenige Relikte erinnern an die frühere Betriebsamkeit des ehemaligen Grenzbahnhofes. Nur des Surren des Transformators der 151 unterbrach die Ruhe im Altweibersommermorgen.
Eine Weile später begab ich mich auf die Suche nach einem geeignetem Fotostandpunkt und entschloss mich, einem Wanderweg zu folgen, der an der Strecke entlang in den Wald führte. Nach einiger Zeit der Suche fand ich einen Standpunkt, der sich am Ende eines geraden und lang gezogenen Streckenstückes auf einem Fundament eines Oberleitungsmasten befand. Hier beschloss ich ein kleines Frühstückchen zu mir zu nehmen. Jedoch wurde mein Vorhaben schnell durch ein immer lauter werdendes Donnern und Grollen aus dem Wald unterbrochen. Plötzlich tauchte 189 021 vor einem langen Güterzug aus dem Morgendunst auf. Gerade noch rechtzeitig konnte ich mein Frühstück mit dem Fotoapparat vertauschen, um die 189 aufzunehmen.
Nachdem die 189 mit ihrem Zug Richtung Saalfeld verschwunden war, legte sich wieder Ruhe über den Wald und ich konnte nun in Ruhe frühstücken.

Kurz nachdem ich mein kleines Frühstück beendete bemerkte ich, dass sich meinem Standpunkt ein Zug, bespannt mit einer 185, aus Richtung Saalfeld näherte. Rechtzeitig griff ich nach der Kamera, um auch diesen Zug aufzunehmen. Die 185 näherte sich mir immer näher. Kurz vor dem Auslösen der Kamera blies ein Windstoß einige Blätter von einem herbstlichen Baum. Die 185 lies sich jedoch von dem Laubwirbel nicht beeindrucken und fuhr, unterstützt von einer Nürnberger 151 am Zugende, in Richtung Süden.

Da sich der Sonnenstand am Tag verändert, musste ich nach einiger Zeit wieder einen neuen Fotostandpunkt aufsuchen. Dieser lag in einer Kurve, wenige Meter von meinem alten Standpunkt entfernt.
In meinem Fahrplan konnte ich sehen, dass in der nächsten halben Stunde wohl kein Güterzug an mir vorbei kommen würde, denn jetzt mussten laut Plan die Nahverkehrszüge und immer zweistündlich auch der ICE die Strecke passieren.

Nachdem der Personenverkehr durch war, registrierte ich einige Zeit später ein lautes Donnern aus Richtung Saalfeld, der immer lauter und bedrohlicher zu werden schien. Im selben Moment war meine Freude groß, als ich sah, dass eine 139 Vorspanndienst vor einer 155 leistete. Der Verschluss klickte - das Bild war auf der Speicherkarte meiner Kamera gespeichert. Es war meine erste Begegnung mit einer Lokomotive der Baureihe 139 und daher einer der Höhepunkte des heutigen Tages.

Nach diesem Erlebnis begab ich mich zurück zum Bahnhof, denn mittlerweile war es Nachmittag geworden und zu dieser Zeit ist die Strecke relativ schwach mit Güterzügen belegt. Dort angekommen traf ich zwei Fotografen, denen ich von meinem 139er Erlebnis erzählte. Sichtlich enttäuscht erzählten sie mir, dass sie gerade vom Mittagessen zurückkamen und daher die 139 nicht treffen konnten.
Nach einiger Zeit verließen sie den Bahnhof wieder, um sich nach einem besseren Fotostandpunkt umzusehen. Kurz nachdem sie in ihr Auto einstiegen und damit davon brausten, kam auch schon der nächste Güterzug mit der Mannheimer 155 245 aus Richtung Saalfeld in den Bahnhof eingerollt. Die Schiebelok setzte sich an das Zugende, das Ausfahrtsignal zeigte "Fahrt frei", die Lüfter und Fahrmotoren der 155 dröhnten, der Zug rollte mit Unterstützung der Nürnberger Schiebelok langsam aus dem Bahnhof. Es sollte für die nächsten Stunden der letzte Güterzug gewesen sein...

Da ich nun wieder Zeit hatte, besichtigte ich die ehemaligen Anlagen des im Jahre 1993 aufgelassenen BW Probstzella, dass für die Strecke über den Thüringer Wald (Probstzella - Sonneberg) verantwortlich war. Besonders berühmt wurde der Betriebshof durch den Einsatz der Baureihe 95 und später der sehr schadanfälligen Diesellokbaureihe 119 (ab 1992: 219).

Heute ist es ruhig auf dem Betriebshof geworden. An die große Dampflokzeit erinnert nur der Lokschuppen. Für die Strecke von Probstzella nach Sonneberg kam 1997 das Ende. Auch Eisenbahner sucht man heute in den Stellwerken vergeblich.

Nur der Personenzugverkehr und die zurückkehrende Schiebelok unterbrachen die Ruhe für einen kurzen Moment. 612 115...

.. und ein weiterer ICE.

Nachdem die Reisezüge die Strecke passierten und der letzte Güterzug schon seit mehr als 2 Stunden Probstzella verließ, glaubte ich nicht mehr an Erfolg. Doch plötzlich öffnete sich eine Tür des Bahnhofsgebäudes, welches für Reisende schon seit Jahren geschlossen ist. Ein Mann kam zum Vorschein. Dieser hastete über die Gleise zur Schiebelok und stieg in diese ein - er war das Schiebelokpersonal. Kurz darauf setzte sich die Lok in Bewegung. Sie fuhr auf einen Gleisstumpf am Nordkopf des Bahnhofes, um dort die Einfahrt eines Güterzuges aus Richtung Saalfeld abzuwarten. Der ließ auch nicht lange auf sich warten: Bespannt mit 2 Lokomotiven der Baureihe 189 donnerte er unter ohrenbetäubenden Bremsgeräuschen in die Gütergleise des Bahnhofs. Die Schiebelok-151 setzte wie gewohnt an das Zugende. Der Zug setzte sich in Richtung Süden in Bewegung.

Kurz nach der Ausfahrt des 189er Güterzuges war ein lautes Heulen aus Richtung Norden zu hören. Im selben Moment sah ich eine Lokomotive der Baureihe 232, die einer 155 vorgespannt war.
Die Loks der Baureihe 232 stehen noch immer für einfache, aber sehr robuste und zuverlässige Technik aus Russland. Die Deutsche Reichsbahn der DDR beschaffte zwischen 1973-1982 über 700 Maschinen dieses 2.206 Kilowatt starken Loktyps bei der Lokomotivfabrik "Oktoberrevolution" in Lugansk. Noch heute bilden sie einen wichtigen Bestandteil bei der Güterbeförderung durch Railion DB Logistics.

Die 232 mit ihrem Güterzug sollte mein letzter an diesem Tage werden, denn die Abfahrtszeit meines Busses rückte in greifbare Nähe. Glücklich, aber erschöpft trat ich meine Heimreise an.






Text und Bilder: Benjamin Rührich